Semana Santa auf Mallorca

 

Dumpf hallen Schritte durch die engen, dunklen Gassen. Kerzen flackern in kleinen Windlichtern. Anwohnerinnen haben sie eiligst links und rechts auf den schmalen Gehwegen platziert. Das Licht wirkt gespenstisch. Stühle werden neben die Türe gestellt, Alte und offensichtlich Kranke nehmen darauf Platz. Fenster und Türen geben den Blick ins Innere der spärlich erleuchteten Häuser frei - auf kleine und große, karg geschmückte Altäre. Murmelnd nähert sich eine Menschenmenge. Ein Kreuz wird voran getragen, ein Banner ebenfalls, links und rechts schwenken junge Männer Weihrauchfässchen. Der Priester stoppt, die Gläubigen ebenfalls, ein Gebet wird gesprochen, die Menschen hinter den Fenstern und Gardinen, die Gläubigen in der Prozession bekreuzigen sich. Der Zug setzt sich wieder in Bewegung. Bald wird er die Kirche San Ferrol erreicht haben. 

 Es ist die Semana Santa, die Karwoche, die in den katholischen Gegenden Spaniens als eines der Höhepunkte des Kirchenjahres begangen wird. Die Prozession wiederholt sich Abend für Abend bis zum Osterfest. Wir sind in Llubi, einem typischen Dorf im Inneren Mallorcas und lassen uns einfangen vom Inselleben abseits des Trubels, der Massen und der Hektik. Mauer an Mauer mit den Nachbarhäusern empfängt des gemietete Ferienhaus mit einer grandiosen Wohnhalle, Zusatzbett auf einer offenen Empore und neben den Üblichkeiten auch einer grandiosen Terrasse für zeitausgreifendes Frühstück und tagesbeschließendes Rotwein im Dämmerlicht. 

Dazwischen: bei Wanderungen die milde Frühlingsluft genießen, freilaufende Schweine vor Lebenslust grunzen und quieken hören, den Duft der blühenden Wiesen und Bäume aufsaugen, auf einer Bank liegen und die Wärme der Sonne auf der bleichen mitteleuropäischen Haut spüren, Märkte besuchen, shoppen, probieren, genießen.

Und das alles: ohne Auto. Wir haben uns darauf eingelassen, alle Wege per Bus, Bahn, zuFuß oder maximal mit dem Taxi zurückzulegen. Und? Ja, das geht. Und zwar hervorragend. Man muss sich zwar darauf einstellen, dass nicht jederzeit ein fahrbarer Untersatz zusätzlich die Straße verstopft (also nicht greifbar ist), sondern Bussen und Bahnen nur zu bestimmten Zeiten fahren. Aber dann geht's - unkompliziert, entspannt und umweltfreundlich zum Strand in Picafort, zum Bummel in Inka, zum Markt in Alaró. Hinein in den Bus, die Kreditkarte gezückt und bargeldlos gebucht, beim Ausstieg erneut an das Kartenlesegerät und die gefahrene Strecke wird abgerechnet. Es geht. Der Anschluss wartet, der Streckenplan ist übersichtlich und leicht verständlich, die Fahrer/innen (meistens) freundlich und schnell. Was wollen Mann und Frau mehr? Lediglich über die Anreise per Flieger müssen wir nochmal reden....

Nicht reden muss man über gastronomische Erfahrungen - auch die kann und muss man nur genießen. Kleinode wie das S'Acustíc Café nahe der Kirche San Felio sind jede kalorienreiche Sünde wert.

Mallorca, oft besucht, viel geschmäht, von unzivilisierten Horden in Manacor oder El Arenal verwüstet, von Kreuzfahrtschiffen herangeschafften Touristenmassen zertrampelt ist allerdings mehr als das. Mallorca ist rau und lieblich, verträumt und hektisch zugleich. Abseits der Trampelpfade geht hier das Leben seinen balearischen Gang weiter, bei Pa 'amb oli, dem mallorquinischen Tomatenbrot, bei Schinken, Käse und Albondigas, bei Rotwein und kühlem Bier. Und einem unverwechselbaren Geruch aus Kräutern, Grill und Hitze, der sich von Frühling bis zum Herbst über die Insel legt.